Gestern Abend, so mein Ehemann, habe er nachgedacht und frage sich nun, warum es, mein Lieblingspferd, über die äußere Schulter fallen könne, tatsächlich aber munter weiter liefe. Oder warum eine Losgelassenheit auf beiden Händen möglich sei, wenn es, mein Lieblingspferd, tatsächlich vier Beine, aber in keinem Fall Hände habe. Und was es denn dabei loslasse. Und überhaupt warum ich lieber im als auf dem Pferd sitzen wolle. Und darüber solle nun ich, seine Ehefrau, doch auch einmal nachdenken.
Kein Problem, dachte ich, fühlte mich aber schnell ertappt. Ich lebe mit Pferden und habe mehr oder weniger gelernt ihre Sprache und Signale zu verstehen. Ich weiß, wann sie sich wohlfühlen oder ihnen etwas nicht gefällt, Sie verstehen mich, wissen was ich von Ihnen erwartete und – da bin ich sicher – sie mögen mich. So einfach ist das. Kompliziert kann es aber in der Unterhaltung mit Züchtern und Trainern werden. Ihre Sprache ist etwas ganz Besonderes. Vor allem aber scheint sie in vielen Bereichen nur geliehen, aus dem Vokabular der Handwerker, Hausfrauen Tier- und Pflanzenbeobachter. Pferde fallen aus dem Rahmen, galoppieren auch auf gerader Strecke bergauf, fallen auseinander, aber man kann sie einrahmen. Sie bügeln mit den Vorderbeinen und scheinen zudem keine eigenständige Anatomie zu haben. Noch nie wurde von einem Hirsch mit Pferdehals berichtet, aber schon einige Pferde mit Hirschhals gesehen. Pferde haben wahlweise auch einen Schwanen- oder Schlangenhals. Andere haben eine Eselskruppe und einem Pferd mit Karpfenrücken kann man nur wünschen, dass es nicht auch noch ein Fischauge hat.
Sie sind bärentatzig, kuhhessig oder säbelbeinig. Und selbst im Gemüse- und Obstladen sind sie zuhause mit einer Melonenkruppe, etwa, ihrer Kastanie oder der Schweifrübe.
Auch der Trainer nutzt Vokabeln, die wir, wenn wir ehrlich sind, zwar hinnehmen und irgendwie auch wissen was er uns sagen will, aber hinterfragen dürfen wir sie nicht. Was hat der Stuhlsitz mit einem Stuhl zutun? Wo ist der Spaltsitz gespalten? Kann mein Sitz dem Pferd schmeicheln, ohne das mein Gesäß klappt? Ich werde gelobt, wenn das Pferd unter meinem Gewicht läuft und gleichzeitig an den Hilfen steht. Wenn ich dann noch in der Bewegung sitze, kann es losgelassen sein und tritt durch das Genick. Vielleicht hilft es ihm, wenn meine Hand mitatmet und es über den Rücken läuft. Und wenn ich alles falsch mache, stellt es sich vielleicht sogar doch noch auf den Kopf oder verkriecht sich – wie das wohl geht – hinter dem Zügel.
Reiten ist eine Lebenseinstellung und Pferde sind ein Stück Lebensfreude und man muss im Leben ja nicht immer und überall reden. Ich bin stolz, dass weder mein Lieblingspferd noch mein Ehemann ein Blender ist und beide viel Ausdruck haben. Besonders angenehm ist natürlich, dass keiner von beiden pumpt oder pullt. Und das, so mein Ehemann, habe er eigentlich nur hören wollen.